Radtouren
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Samstag, 7.7.01: Donaueschingen - Ulm
Morgens nach einem sehr ordentlichen Frühstück früh losgefahren. "Früh" für meine Verhältnisse - gegen 8.15 Uhr. Im Frühstücksraum sind eigentlich nur Radler anwesend, meist Gruppen älterer Semester.
Als erstes dann natürlich zur Donauquelle gefahren. Jedenfalls zu der Quelle, die Donauquelle heißt: Die Donau entsteht durch den Zusammenfluss von Brigach (entspringt in Villingen) und Brig; das bisschen Wasser aus dem namensgebenden "Donaubach" fällt kaum ins Gewicht. |
Hervorragend beschildert geht's unter erstmalig grau bedecktem Himmel weiter. Nun ja, mit dem strahlenden Sonnenschein konnte es ja nicht ewig weitergehen. Bei Immerdingen gibt es als Sehenswürdigkeit die Donauversickerung zu sehen. Das Wasser versickert hier im Sommer und Herbst fast vollständig, um am Achtopf wieder zu Tage zu treten. Daraus fließt das Wasser in den Bodensee. Das bisschen Wasser aus dem Donaubach fließt also letztlich nicht einmal die Donau entlang, sondern landet im Rhein, tolle Donauquelle :-) Gemäß der zuvor im Internet gelesenen Ratschläge stelle ich das Rad ab und laufe zu Fuß den ausgewiesenen Weg weiter bis zu einem Schild "Hauptversickerungsstelle". Dort gurgelt es zwar lustig, fließt aber trotzdem weiter. Etwas enttäuscht laufe ich zurück und stelle mich bei einsetzendem Regen erstmal unter. Irgendwann wird es mir zu langweilig, ich schwinge mich wieder aufs Rad. Lediglich zwei Kilometer weiter führen dann tatsächlich vom Radweg aus nur wenige Schritte zur Versickerungsstelle - und hier ist das Flussbett tatsächlich leer! Also der Tipp für alle Nachfahrer: Einfach den Donauradweg weiterfahren, bis der durch ein Schild markierte, nur wenige Meter lange Abzweig zum Flussbett erreicht wird.
Links: Hauptversickerungstelle - noch ist Donauwasser zu sehen Rechts: Donau weg. |
Weiter geht's mit dem Rad, den erneut einsetzenden und langsam heftiger werdenden Regen ignorierend. Meine Jacke (Sympatex) hält ganz gut, aber in meinen Schuhen steht bald das Wasser. Glücklicherweise weht ein kräftiger Südwest, Rückenwind ohne Ende. Der Wind muss ein Ausläufer des nächtlichen Sturmes sein, die große Teile Süddeutschlands in der Nacht heimgesucht hat. Nach weiteren 15 km wird mir der Regen doch zu stark, ich stelle mich für eine halbe Stunde an einer Bushaltestelle unter. Der Regen lässt wieder etwas nach, hört aber nicht auf. Trotzdem will ich endlich weiter. Mit den nassen Klamotten im Fahrtwind ist es zunächst erbärmlich kalt. Aber das Donautal verengt sich mehr und mehr und der Radweg hat so manche Steigung. Jede Steigung presche ich empor, um wieder warm zu werden. Herunterschalten geht sowieso schlecht mit den klammen Fingern. Die Landschaft wird grandios, bei Sonnenschein wäre sie bestimmt noch viel schöner anzuschauen. Felsen rechts und links, keine Schnellstraße und keine Bahnlienie trübt die Idylle. Bis auf den Regen... Immer wieder säumen Biergärten und Radler-Imbisse den Weg, viele sind gefüllt mit Radlern im Regenzeug. Weil ich rücksichtslos durch die Pfützen auf dem in diesem Abschnitt sandigen Wegen heize, saue ich meine Schuhe, Beine, das Rad und die Packtaschen fürchterlich ein. Gegen 14.00 Uhr endlich, nach 3 Stunden, hört der Regen auf. Mittlerweile weitet sich die Landschaft zu einem sehr breiten Tal. Dort kann der Rückenwind seine Muskeln spielen lassen. Sigmaringen habe ich nach ca. 90 km schon hinter mir gelassen. Meine Beine radeln wie motorisiert, der Tacho zeigt bis zu 30 km/h in der Ebene. Jetzt wünsche ich mir schmalere Reifen und einen Rennlenker. Als ehrgeiziges Tagesziel halte ich mittlerweile Ehingen für erreichbar, prüfe aber bis dahin in jedem Örtchen meine weitere Kondition. Die Unterbringung scheint mir risikolos, so viele Schilder und Tafeln werben überall für Zimmer.
Links: Jedemenge Gegend. Rechts: Sigmaringen. |
Links: Ein Storch bei Riedlingen. In der Realität war er deutlich schärfer als auf dem Foto, dafür aber weiter weg :-). Rechts: Rückenwind. |
Gegen 18.30 Uhr nach ca. 165 km erreiche ich Ehingen. Als Wink des Schicksals taucht eine Telefonzelle auf (hiermit oute ich mich als Nicht-Handybesitzer), ich rufe die Jugendherberge in Ulm an - ja, kein Problem, Zimmer frei. Also weiter. Nach 175 km habe ich doch langsam keine Lust mehr, auch das Sitzfleisch lässt nach. Die letzten Kilometer verfolge ich penibel und ungeduldig auf der Karte. Dann, endlich, ein Wegweiser zur Jugendherberge. Natürlich auf einem Berg gelegen. Weil ich erst um 20.30 Uhr die Herberge erreiche, muss ich bis 21.30 Uhr mit dem Einchecken warten. Meinen ziemlich großen Hunger stille ich, dreckig, wie ich bin, in einer Gaststätte innerhalb der Sportanlagen gleich neben der Jugendherberge. Dann endlich einchecken, Rad abstellen, duschen, Bett beziehen, zu Hause anrufen und Bericht schreiben. 23.00 Uhr, jetzt ist Schluss!
199 km, Netto-Durchschnitt 21,1 km/h. (Dank Rückenwind!)
Sonntag, 8.7.01, Heimfahrt mit der Bahn
Beim Aufstehen haben die Knochen schon etwas protestiert, die gestrige Tagesetappe ist nicht spurlos geblieben. Richtung Donau den Berg heruntergerollt, dann in die die Innenstadt und zum Bahnhof, immer die Donau entlang. Bei der Bahn habe ich mir die nächste Verbindung nach Hause geben lassen, EC bis Mannheim und dann Regionalverkehr nach Frankfurt. Die Stunde bis zur Abfahrt bin ich noch locker durch die Ulmer Altstadt geradelt, Dom und Fischerviertel.
Am beeindruckensten war allerdings ein Schaufenster
mit einer kompletten Lego-Szenerie "Ulmer Nabada". Diese jährlichen
Veranstaltung scheint so eine Art Karneval mit Schiffen statt Motivwagen
zu sein; die Ulmer mögen mir die platte Erklärung verzeihen... Falls dies hier noch mehr Lego-Fans lesen, kann ich auch unseren Bericht aus dem Legoland Billund empfehlen, wo wir auch schon mit dem Rad waren. |
Die Bahnfahrt nach Hause verlief unspektakulär, keine (folgenschwere) Verspätung, Rad-Platz im EC, kein Amok-laufender Zugführer. Insgesamt also eher untypisch. Schließlich noch per Rad heim nach Eschborn. Das war's. Leider.
© Martin Taplick, 31.12.2001. Letzte Änderung am 05.10.2008